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Lachgas verändert das Klima

Lachgas (N2O) wird in der Landwirtschaft über verschiedene biochemische Prozesse aus unterschiedlichen Stickstoffverbindungen gebildet. Es entsteht hauptsächlich in der Tierhaltung und bei der Ausbringung von stickstoffhaltigen Düngemitteln auf die Böden. Daneben entsteht es auch indirekt nach Stickstoffverlusten in Form von Nitrat und Ammoniak. Lachgas verbleibt mehr als 100 Jahre in der Atmosphäre und ist ungefähr 300-mal klimawirksamer als CO2. Es macht etwa ein Drittel der Klimawirkung aus, welche durch Treibhausgase aus der schweizerischen Landwirtschaft verursacht wird. Da Lachgas sowohl im Ackerbau als auch in der Tierhaltung entsteht, ist eine Vielzahl von landwirtschaftlichen Produktionssystemen betroffen. Wegen seiner globalen Wirkung spielt es aus naturwissenschaftlicher Sicht keine Rolle, wo auf der Welt die Emissionen produziert oder reduziert werden.

Stagnation statt Reduktion

Das Treibhausgasinventar der Schweiz zeigt, dass die Lachgasemissionen im Vergleich zu 1990/92 bis 2012/14 um ca. 12 % zurückgegangen sind. Dies ist vor allem auf einen Rückgang der Tierbestände und des Mineraldüngereinsatzes in den 1990er Jahren zurückzuführen. Seither stagnieren die Emissionen. Die Klimastrategie Landwirtschaft (BLW, 2011) hat sich zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft bis ins Jahr 2050 um mindestens einen Drittel zu senken.
Am meisten Lachgas entsteht bei der Düngung (45 %), gefolgt von den indirekten Lachgasemissionen nach Verfrachtung von Ammoniak und Nitrat (25 %), der Hofdüngern (19 %) und den tierischen Ausscheidungen auf der Weide (11 %). Die Anteile sind seit 1990 mehr oder weniger gleich geblieben.

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Daten zu Lachgasemissionen und anderen Agrarumweltindikatoren auf nationaler und betrieblicher Ebene können unter Service heruntergeladen werden.

Grosse Unsicherheiten

Bei den Zahlen im Treibhausgasinventar handelt es sich um Schätzungen, die hauptsächlich auf der Basis der Anzahl gehaltenen Tiere, der landwirtschaftlich genutzten Flächen, der eingesetzten Düngermengen und mehr oder weniger spezifischen Emissionsfaktoren modelliert wurden. Die Unsicherheiten sind mit +/- 80 % jedoch gross. Unsicher ist vor allem die absolute Höhe der Emissionen, während der Rückgang der Emissionen seit 1990/92 durch die weniger intensive Düngewirtschaft sehr gut belegt ist. An der Empa laufen zurzeit Arbeiten, um diese so genannten «bottom-up»-Schätzungen mit atmosphärischen «top-down»-Methoden zu überprüfen. Dabei werden Messungen in der Atmosphäre mit einem Transportmodell verknüpft. Während dies beim Klimagas Methan inzwischen gut gelingt (Henne et al., 2016), sind beim Lachgas noch weitere Anstrengungen notwendig. Insbesondere sind bislang nicht ausreichend viele Messungen in der Atmosphäre verfügbar.

Massnahmen gesucht!

Die Vorgänge bei der Entstehung von Lachgas werden von Umweltbedingungen wie Niederschlag, Temperatur, Sauerstoffgehalt, Temperatur und pH des Bodens sowie von Bewirtschaftungsmassnahmen wie Düngung, Bodenbearbeitung, Fruchtfolge, Bodenbearbeitung, Düngung und Grünlandnutzung beeinflusst. Die räumliche und zeitliche Dynamik und Variabilität dieser Prozesse ist sehr hoch und mit vielen Unsicherheiten behaftet (Skinner et al. 2016, Merbold et al. 2014). Entsprechend schwierig ist es, Massnahmen für eine wirksame Minderung der Emissionen zu finden.

Agroscope sucht unter anderem nach Massnahmen, welche die Lachgasemissionen aus den Böden reduzieren. Labor- und Feldversuche deuten darauf hin, dass die Einarbeitung von Pflanzenkohle die Emissionen verringern könnte (Hüppi et al. 2015, Felber et al. 2013). Die Ursachen dafür werden allerdings noch ungenügend verstanden. Mögliche Gründe könnten eine veränderte Zusammensetzung von Bodenbakterien, die speziellen elektrokatalytischen Eigenschaften von Pflanzenkohle, eine bessere Durchlüftung des Bodens und/oder eine Erhöhung des Boden-pHs sein.

Fazit

Um einen substanziellen Beitrag zur Eindämmung der Klimaerwärmung und damit zur Erreichung der Ziele der Klimastrategie Landwirtschaft leisten zu können, braucht es dringend Massnahmen zur Reduktion der Lachgasemissionen. Eine grosse Herausforderung bei der Identifizierung solcher Massnahmen sind die komplexen und variablen biochemischen Vorgänge bei der Entstehung von Lachgas. Solange diese nicht besser verstanden werden, ist die Reduktion der Stickstoffmenge, die in die Umwelt gelangt, die wirkungsvollste Massnahme. Dazu braucht es Organisationsformen, Bewirtschaftungspraktiken und Technologien, welche dazu führen, dass die Stickstoffaufnahme von Tieren (über das Futter) und Pflanzen (über die Düngung) erhöht und die landwirtschaftliche Produktion somit effizienter werden kann.

Literatur

BLW (2011) Klimastrategie Landwirtschaft - Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel für eine nachhaltige Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft, 46S.

Felber R, Leifeld J, Horák J, Neftel A (2014) N2O emission reduction with greenwaste biochar: comparison of laboratory and field experiment. European Journal of Soil Science 65:128-138.

Henne S, Brunner D, Oney B, Leuenberger M, Eugster W, Bamberger I, Meinhardt F, Steinbacher M, Emmenegger L (2016) Validation of the Swiss methane emission inventory by atmospheric observations and inverse modelling. Atmos. Chem. Phys., 16:3683-3710.

Hüppi R, Felber R, Neftel A, Six J, Leifeld J (2015) Effect of biochar and liming on soil nitrous oxide emissions from a temperate maize cropping system. Soil 1:707-717

Merbold L, Eugster W, Stieger J, Zahniser M, Nelson D, Buchmann N (2014) Greenhouse gas budget (CO2, CH4 and N2O) of intensively managed grassland following restoration. Global Change Biology 20:1913-1928
Skinner C et al (2016) in Vorbereitung

Christine Zundel, BLW, Fachbereich Agrarumweltsysteme und Nährstoffe, christine.zundel@blw.admin.ch