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Jedes Jahr geben Betriebe die Landwirtschaft auf. Während auf der einen Seite die kleineren Betriebe zahlenmässig immer weniger werden, steigt die Zahl grosser Betriebe an. Vor diesem Hintergrund untersuchte eine Studie von Agroscope Unterschiede zwischen der kleinstrukturierten Schweizer Landwirtschaft, die nahezu ausschliesslich von Familienbetrieben getragen wird, und der eher industriell geprägten nordostdeutschen Landwirtschaft, in der nicht-Familienbetriebe wie beispielsweise Genossenschaften die Produktion dominieren. Der durchschnittliche Betrieb in Mecklenburg-Vorpommern ist beispielsweise 286 Hektaren gross, während der durchschnittliche Schweizer Betrieb 19 Hektaren bewirtschaftet. Unter anderem wurde in der Studie auch die Arbeitszufriedenheit der Bäuerinnen und Bauern verglichen.

Um verschiedene Aspekte zwischen den beiden unterschiedlichen Agrarsystemen vergleichen zu können, wurde ein schriftlicher Fragebogen erstellt, der zwischen Dezember 2013 und März 2014 an 3000 Schweizer und an 2000 nordostdeutsche Bäuerinnen und Bauern verschickt wurde. Insgesamt retournierten 1687 der Angeschriebenen den Fragebogen und von diesen hatten 1158 Befragte (833 Schweizer und 325 Nordostdeutsche) die Zufriedenheit mit ihrer landwirtschaftlichen Arbeit auf einer Skala von 0 («ganz und gar unzufrieden») bis 10 («ganz und gar zufrieden») bewertet. Zudem wurden Daten zur Betriebsstruktur und zur finanziellen Situation erhoben.

Die Autoren führten zwei statistische Analysen durch, um die Arbeitszufriedenheit der Bäuerinnen und Bauern zu erklären; die eine beinhaltete die Betriebsgrösse und die andere die subjektiv eingeschätzte Finanzlage. Weitere untersuchte Faktoren waren beispielsweise das Vorhandensein landwirtschaftsnaher Einkommenszweige auf dem Betrieb (z. B. Direktvermarktung, Agrotourismus oder Gästebewirtung), der Beschäftigungsgrad ausserhalb der Landwirtschaft, die Produktionsweise (bio / nicht-bio), aber auch das Alter oder der Bildungsgrad der Befragten.

Befragungsergebnisse

Ohne Berücksichtigung der Betriebsgrösse und der finanziellen Situation gab es im Untersuchungszeitraum generell keine Unterschiede in der durchschnittlichen Arbeitszufriedenheit von Schweizer und nordostdeutschen Landwirtinnen und Landwirte. Berücksichtigt man jedoch die Struktur und die finanzielle Situation der Betriebe, zeigen sich bedeutende Unterschiede zwischen den Regionen. Schweizer Bäuerinnen und Bauern waren generell zufriedener mit ihrer Arbeit als nordostdeutsche.

Nachfolgend detailliertere Erkenntnisse: Während in Nordostdeutschland Leiterinnen und Leiter von grösseren Betrieben zufriedener mit ihrer Arbeit waren als in kleineren, spielte die Grösse in der Schweiz keine Rolle. Auch die subjektiv eingeschätzte Finanzlage beeinflusste die Arbeitszufriedenheit unterschiedlich in den Regionen. Zwar traf für beide zu, dass die Arbeitszufriedenheit umso höher war, je besser der Betrieb aus Sicht der Bauern finanziell dastand, aber für Schweizer Bäuerinnen und Bauern war dieser Zusammenhang signifikant schwächer ausgeprägt.

Für Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter beider Regionen galt ferner, dass ihre Zufriedenheit mit der landwirtschaftlichen Arbeit sank, je höher ihr Beschäftigungsgrad ausserhalb der Landwirtschaft war. Weiterhin waren Bäuerinnen und Bauern generell zufriedener mit ihrer Arbeit, wenn noch Einkommen aus nicht-landwirtschaftlichen Bereichen, aber mit Bezug zum Betrieb generiert wurden. Zum einen führt dies wahrscheinlich zu Abwechslung im Arbeitsalltag und sichert zum anderen den Betrieb finanziell zusätzlich ab, was wiederum die Zufriedenheit positiv beeinflussen kann.

Eine weitergehende Untersuchung zeigte zudem den positiven Effekt einer vielfältigen Palette an Produktionszweigen (wie u.a. Milch, Mast oder Ackerbau) auf die Arbeitszufriedenheit bei Schweizer Bäuerinnen und Bauern. Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter, die mehrere landwirtschaftliche Produktionszweige hatten, zeigten eine höhere Zufriedenheit mit ihrer Arbeit, als solche, deren Betriebe stärker spezialisiert waren. In Nordostdeutschland spielte die Vielfalt der Betriebszweige keine Rolle, da hier finanzielle Aspekte eine grössere Rolle zu spielen scheinen und diesbezüglich eine Spezialisierungsstrategie grössere Erfolge verspricht.

Schlussfolgerungen

Die Studie zeigt, dass die Struktur der einzelnen Betriebe, aber auch die Struktur der gesamten Landwirtschaft die Arbeitszufriedenheit von Bäuerinnen und Bauern beeinflusst. Besonders interessant ist die positive Bedeutung verschiedener Arten der Betriebsdiversifikation für die Zufriedenheit der Bäuerinnen und Bauern mit ihrer Arbeit. Dies zeigt, dass eine solche Strategie der Betriebsführung neben den positiven Effekten für die Absicherung der Einkommenssituation auch positiv für die Wahrnehmung der Arbeit in der Landwirtschaft ist. Dies trifft vor allem auf Schweizer Bäuerinnen und Bauern zu, bei denen das Finanzielle für ihre Zufriedenheit eine weniger wichtige Rolle zu spielen scheint verglichen mit ihren nordostdeutschen Kolleginnen und Kollegen. Insgesamt prägen bei Schweizer Betrieben solche qualitativen Faktoren die Arbeitszufriedenheit daher vergleichsweise stärker als ökonomische Gesichtspunkte.

Literatur

T. Besser, S. Mann (2015): Which farm characteristics influence work satisfaction? An analysis of two agricultural systems, Agricultural Systems 141, 107-112.

S. Mann, T. Besser (in Begutachtung): Diversification and work satisfaction - testing a claim by Marx and Engels for farmers. Rural Sociology.

Tim Besser, Agroscope
Kontakt: Esther Grossenbacher, BLW, Fachbereich Forschung, Beratung und Evaluation, esther.grossenbacher@blw.admin.ch