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Berufsbildung ist eine Verbundaufgabe

Die Berufsbildung ist eine Verbundaufgabe von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt (OdA). Gemeinsam setzen sich die drei Partner für eine qualitativ hochstehende Berufsbildung ein und streben ein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen und Bildungsgängen an. Das Ziel ist, eine hohe Arbeitsmarktfähigkeit für die Absolventinnen und Absolventen der Berufsbildung zu erreichen. Zudem garantiert die Nähe zur Praxis die Vermittlung von relevanten und aktuellen Bildungsinhalten.

Der Bund regelt die Berufsbildung von über 230 Berufen. Mit den Vorgaben für das Erarbeiten der Bildungsverordnungen, der Bildungspläne und der Qualifikationsverfahren ist er für die strategische Steuerung und Entwicklung verantwortlich. Zudem genehmigt das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) die genannten Erlasse der beruflichen Grundbildung. Bei der höheren Berufsbildung macht der Bund Vorgaben für das Redigieren von Prüfungsordnungen und Rahmenlehrplänen.

Die kantonalen Berufsbildungsämter sind die Vollzugsorgane auf kantonaler Ebene. Sie sind die Anbieter der schulischen Bildung und übernehmen damit den Hauptteil der Finanzierung der beruflichen Grundbildung. In ihren Zuständigkeitsbereich gehören ferner die Kontrolle der Lehrverhältnisse sowie die Durchführung der Qualifikationsverfahren.

Die Berufsorganisationen bzw. die OdA‘s nehmen als dritter Akteur in der Verbundpartnerschaft die Interessen der Berufsstände wahr. Sie sind verantwortlich für die Bildungs- und Prüfungsinhalte und definieren die Berufsprofile. Über die Bildungspläne und die Qualifikationsverfahren erreichen sie, dass die Berufsbildung aktuell ist und den Bedürfnissen des entsprechenden Sektors entspricht. Zudem sind die OdA’s verantwortlich für den dritten Lernort (überbetriebliche Kurse, ÜK) sowie für die Berufsbildungswerbung.

Die Verbundpartnerschaft in der landwirtschaftlichen Berufsbildung wird gelebt und funktioniert. Die OdA AgriAliForm vereint 10 Berufsorganisationen aus dem Berufsfeld. Sie nimmt ihre Aufgaben in der Berufsbildung sowohl auf Stufe Grundbildung (Sekundarstufe 2) wie auch im Bereich der höheren Berufsbildung wahr.

Die Berufe im Berufsfeld Landwirtschaft

Das Berufsfeld Landwirtschaft umfasst sechs Berufe der dreijährigen Grundbildung mit eidg. Fähigkeitszeugnis (EFZ) und einen Beruf der zweijährigen Grundbildung mit eidg. Berufsattest (EBA). Die Ausbildungen sind sehr breit und eignen sich für junge Leute mit vielfältigen Interessen. Um sich weitere Fähigkeiten anzueignen oder die Leitung eines Betriebs zu übernehmen, macht ein Teil der Absolventen der Grundausbildung eine Weiterbildung im Tertiärbereich B wie beispielsweise Landwirt/in mit eidg. Fachausweis, Gemüsegärtnermeister/in (HFP) oder Weinbautechniker/in HF. Alle Berufe aus dem Berufsfeld bieten eine Reihe interessanter Laufbahnen im landwirtschaftlichen Umfeld an, z. B. Verkauf, Marketing, Planung, Verarbeitung, Betriebs- und Geschäftsführung.

Die Entwicklung der Anzahl Abschlüsse ist von diversen Faktoren abhängig: demografische Entwicklung, Attraktivität des Berufs (Abwechslung, Interesse, Perspektiven, Rahmenbedingungen), Wertschätzung, Image und Vorbilder. Die Abschlusszahlen im Berufsfeld Landwirtschaft nahmen in den vergangenen Jahren wieder leicht zu. Das ist erfreulich. Genügend Absolventen auf allen Stufen sind eine wichtige Voraussetzung, um eine geregelte Hofnachfolge mit qualifizierten Fachkräften und damit eine professionelle, unternehmerische Landwirtschaft zu gewährleisten. Hochrechnungen und Erfahrungswerte zeigen, dass für die Hofnachfolge einerseits und den Bedarf in den vor- und nachgelagerten Bereichen andererseits rund 200 Abgänger pro Jahr mehr ausgebildet werden sollten als das heute der Fall ist.

Das Ziel, genügend qualifizierte Berufsleute mit den richtigen Kompetenzen auszubilden, kann aber mit dieser rein quantitativen Betrachtung nicht erreicht werden. Mindestens in gleichem Masse muss die Qualität der Ausbildung und die Arbeitsmarktfähigkeit für die Zukunft berücksichtigt werden. Es gilt, die Attraktivität weiter hoch zu halten, denn der Kampf um Schulabgänger ist aufgrund des demografischen Knicks gross.

Teilrevision Grundbildung im Berufsfeld Landwirtschaft

Die Berufe im Berufsfeld Landwirtschaft werden laufend an die wirtschaftlichen, technologischen, ökologischen und didaktischen Entwicklungen angepasst. Mindestens alle fünf Jahre werden Bildungsinhalte, Ziele und Anforderungen an die berufliche Grundbildung auf ihre Aktualität, Stufengerechtigkeit, Qualität und Arbeitsmarkttauglichkeit hin überprüft. Aufgrund dieser breit angelegten Überprüfung hat sich die OdA AgriAliForm entschieden, die unbestrittenen Stärken wie Lehrstellenwechsel, überbetriebliche Kurse und Praxisbezug zu erhalten, aber gleichzeitig in vier Handlungsfeldern die Schwächen und Überschneidungen detailliert zu analysieren und zu bearbeiten. Anpassungen werden bei den Inhalten des Bildungsplans, bei der Lerndokumentation, beim Qualifikationsverfahren und bei den überbetrieblichen Kursen für Agrarpraktiker angestrebt. Bei den Berufen der Spezialkulturen wird zudem von einem progressiven auf ein lineares Schulmodell gewechselt, das heisst die Lektionenzahl wird in etwa gleichmässig auf die drei Ausbildungsjahre verteilt. Bei allen Anpassungen wurden die Meinungen und Rückmeldungen der Verbundpartner gebührend berücksichtigt. Die zuständigen Gremien haben sich damit für eine organische Weiterentwicklung der Berufe im Berufsfeld Landwirtschaft und gegen eine Grossbaustelle entschieden. Die Fünfjahresüberprüfungen bieten aber die Chance und die Gelegenheit, frühzeitig und mit genügend Vorlauf verbundpartnerschaftlich über die weiteren Schritte zu diskutieren.

Neues Reglement über den Berufsbildungsfonds

Das überarbeitete und um die Pferdeberufe ergänzte Reglement über den Berufsbildungsfonds der OdA AgriAliForm wurde vom Bundesrat für allgemeinverbindlich erklärt. Es trat per 1. Februar 2016 in Kraft. Der Fonds bezweckt, die berufliche Grundbildung, die höhere Berufsbildung und die berufsorientierte Weiterbildung der durch die OdA AgriAliForm vertretenen Berufe zu fördern.

Höhere Berufsbildung

Träger der Berufs- und Meisterprüfung ist die OdA AgriAliForm. Mit der Inkraftsetzung der Prüfungsordnungen für die Berufs- und höhere Fachprüfung konnte der Grundstein für die Umsetzung der Neukonzeption der eidgenössischen Prüfungen für das ganze Berufsfeld der Landwirtschaft gelegt werden. Dazu gehört die Stärkung der Kompetenzen in Betriebswirtschaft und im Markt, die Neudefinition bzw. Aktualisierung von Modulbeschrieben und die Einführung einer Schlussprüfung auf Stufe Berufsprüfung auf dem Betrieb der Kandidatin/des Kandidaten. Die Umsetzung der neuen Berufsprüfung verlief 2015 reibungslos. Im Jahr 2016 konnte nun auch die höhere Fachprüfung ohne Probleme umgesetzt werden. Die Neukonzeption scheint sich zu bewähren. Der neuste Zugang in der höheren Berufsbildung betrifft die Bäuerinnen: Mit der Einführung der neuen Prüfungsordnungen stehen sie mit Ihren Bildungsgängen ebenfalls unter dem Dach der OdA AgriAliForm. Damit können weitere Synergien genutzt werden.

Attraktivität der Berufe im Berufsfeld Landwirtschaft

Die Tätigkeiten zur Förderung einer modernen und attraktiven beruflichen Aus- und Weiterbildung sind auf allen Stufen weiter konsequent umzusetzen. Der Bildungsqualität ist ein hoher Stellenwert beizumessen. Die laufenden Massnahmen in der Berufswerbung und damit in der Nachwuchsförderung sind zu verstärken. Es ist ein zentrales Anliegen des Berufsverbands, dass möglichst viele junge Leute die Berufsbildung auf der Stufe EFZ oder EBA absolvieren. So besteht die beste Gewähr, dass sie die Grundkompetenzen erlangen, um später eine der zahlreichen Laufbahnen in der Landwirtschaft oder in einem vor- und nachgelagerten Wirtschaftssektor einschlagen zu können. Jede Person, die eine landwirtschaftliche Grundbildung absolviert hat, ist eine wertvolle Botschafterin für die Land- und Ernährungswirtschaft.

Martin Schmutz, Schweizer Bauernverband, Agriprof
Kontakt: Anton Stöckli, BLW, Fachbereich Forschung, Beratung und Evaluation, anton.stoeckli@blw.admin.ch